Präoperative Anästhesieabklärungen

Anästhesie
Schwyzer Algorithmus

Präoperative Anästhesieabklärungen
Orientierung für Hausärzt:innen und Operateur:innen

Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen

Zur optimalen Vorbereitung Ihrer Patientinnen und Patienten auf elektive Eingriffe wurde der Schwyzer Anästhesie-Algorithmus entwickelt. Dieser orientiert sich an den Empfehlungen der Swiss Society for Anaesthesiology and Perioperative Medicine (SSAPM) und wurde speziell an die Bedürfnisse des Spital Schwyz angepasst.

Der Schwyzer Algorithmus dient als praxisorientierter Leitfaden für Hausärzt:innen und Operateur:innen, um fundierte Entscheidungen bei der präoperativen Risikoabschätzung zu treffen und unnötige Untersuchungen bei gesunden Patient:innen zu vermeiden.

Zentral in der Entscheidungsfindung sind die Risikoklassifizierung des Eingriffs (siehe Tabelle 1 – PDF zum Download) sowie die funktionelle Belastbarkeit der Patientin bzw. des Patienten.

1. OP-Risikoklassifizierung

Die präoperative Risikoeinstufung eines chirurgischen Eingriffs ist ein essenzieller Bestandteil der Abklärung. Eingriffe werden in drei Risikoklassen unterteilt (siehe Tabelle 1 – PDF zum Download), basierend auf der kardiovaskulären 30-Tages-Mortalität in Prozent:

  • Niedriges Risiko (< 1%): Hierzu zählen überwiegend ambulante Eingriffe, kleinere orthopädische Eingriffe sowie oberflächliche Operationen.
  • Mittleres Risiko (1–5%): Zu dieser Gruppe gehören orthopädische Eingriffe wie Hüft- und Kniegelenksersatz, Rückenoperationen sowie Laparoskopien und Laparotomien.
  • Hohes Risiko (> 5%): Diese Kategorie umfasst komplexe Operationen wie thorakale und aortale Eingriffe, Leberresektionen sowie komplexe vaskuläre und abdominale Eingriffe, die im Spital Schwyz nicht durchgeführt werden.

Weitere Beispiele finden sich in Tabelle 1 (PDF zum Download) .

 2. Leistungsfähigkeit als Metabolisches Äquivalent (MET)

Die körperliche Leistungsfähigkeit ist ein weiterer entscheidender Prädiktor für das perioperative Risiko. Sie kann in den meisten Fällen sehr gut über die Anamnese quantifiziert werden.

  • MET 1: Keine Belastung möglich
  • MET 2-3: Auf ebener Fläche 100-150 Meter am Stück langsam gehen
  • MET 3-4: Leichte Hausarbeit, 1 Stockwerk ohne Unterbrechung
  • MET 4-5: Gehen mit normaler Geschwindigkeit, 2 Stockwerke ohne Unterbrechung, ohne Angina pectoris.
  • MET 5-10: Sportliche Aktivität
  • MET >10: Leistungs-/Ausdauersport

Eine Belastbarkeit von ≥ 4 MET ist entscheidend, um die präoperative Abklärung gemäss dem Schwyzer Algorithmus zu erleichtern. Eine schnelle Einschätzung lässt sich mit der Frage treffen: «Schaffen Sie 2 Stockwerke ohne Unterbrechung und ohne Angina pectoris Symptome?» Wenn ein MET ≥ 4 angegeben wird und keine Anzeichen einer neuen oder verstärkten Herzinsuffizienz bestehen, können Patientinnen und Patienten ohne weitere hausärztliche Abklärungen direkt an die Anästhesiesprechstunde überwiesen werden.

3. BNP/ProBNP

Sollte die Belastbarkeit unter 4 MET liegen oder Zweifel bestehen, empfiehlt sich die Messung von BNP bzw. proBNP. Liegen die Werte unter 100 ng/l bzw. 300 ng/l, kann die Patientin bzw. der Patient zur Anästhesiesprechstunde freigegeben werden. Übersteigt der Wert diese Schwelle, ist eine kardiologische Abklärung erforderlich.

4.  Altersgrenze >75 Jahre

Mit dem Alter nimmt das Risiko für kardiovaskuläre Komplikationen zu, weshalb gewisse Fachgesellschaften eine präoperative Untersuchung ab 65 Jahre empfehlen. Die Swiss Society for Anaesthesiology and Perioperative Medicine (SSAPM) empfiehlt präoperative Abklärungen erst bei funktioneller Einschränkung, da jede Untersuchung (z. B. invasive Abklärungen) mit Risiken verbunden ist. Auf Basis der positiven Erfahrungen am Spital Schwyz wurde deshalb die Altersgrenze von 75 Jahren für altersbedingt präoperative Abklärungen gewählt.

5. Notwendigkeit präoperativer Untersuchungen?

Dieser Algorithmus dient als Orientierungshilfe, um zu entscheiden, ob und welche Abklärungen aus einer anästhesiologischen Perspektive erforderlich sind. Sie soll nicht im Widerspruch stehen zu den individuellen Bedürfnissen der Operateur:innen, Hausärzt:innen und der jeweiligen individuellen Ausgangslage der Patientin bzw. des Patienten. 
Bei Unklarheiten oder Grenzfällen können Sie sich jederzeit tagsüber an das Anästhesiesekretariat (041 818 40 93) oder ausserhalb der Bürozeiten an den Dienstarzt Anästhesie (041 818 39 90) wenden.